Die Rollenfrage

15 03 2010

„Eigentlich“, sinnierte Quentin Tarantino nach der heurigen Oscarverleihung, „hätte Christoph als bester Hauptdarsteller ausgezeichnet werden müssen.“ Gemeint war Christoph Waltz, der soeben als bester Nebendarsteller geehrt wurde. Doch gleich im darauffolgenden Satz relativierte der Kultregisseur seine Aussage. Es sei eben oft schwer zu sagen, wann eine Figur noch eine Neben- , oder schon eine Hauptrolle ist.

 Seit diesem Wochenende kann Waltz zumindest elf weitere Personen als seine Leidensgenossen betrachten. Es handelt sich dabei um die elf Austria-Spieler, die am Sonntagnachmittag in der 67. Minute am Feld des Hanappi-Stadions standen. Sie waren in diesem Derby ursprünglich für eine der beiden Hauptrollen vorgesehen, und auch wenn sie diese Rolle bis zu diesem Zeitpunkt nur sehr miserabel spielten, rechnete wohl keiner damit, dass sich mit einem Schlag ein anderer Protagonist in den Mittelpunkt stellen würde. Alain Hoxha, früher Nachwuchsspieler des SK Rapid, sah im Strafraum ein Foul von Jacek Bak an Mario Konrad und teilte das seinem Hauptschiedsrichter Grobelnik per Funk mit. Dieser verließ sich auf seinen Assistenten und gab Elfmeter.

Dass das 292. Wiener Derby durch diese Aktion entschieden wurde ist unumstritten. Ich will gar nicht beurteilen, ob dieser Elfmeter zu geben war oder nicht; man sollte den Vorfall aber als Anlass dazu nehmen, über das Schiedsrichtertum im Allgemeinen nachzudenken. Schiedsrichter sollen sicherstellen, dass das Spiel fair und in geordneten Bahnen verläuft. Dass es dabei immer wieder zu strittigen Szenen kommt, liegt in der Natur der Sache. Aber wenn ein Trainer aufgrund seiner Vereinskleidung die Betreuerbank verlassen muss, die Presse sich nach einem Spiel mehr mit der Leistung der Referees als mit jener der Sportler beschäftigt, und die UEFA sechs Unparteiische im Europacup für notwendig hält, stellt man sich die Frage: Wer spielt in diesem Sport die Hauptrolle?


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3 responses

15 03 2010
Clemens

Servus
(Zumindest) bei der Themenauswahl hast du ein gutes Händchen.
Einige Stunden bevor es auf orf.at (http://sport.orf.at/100315-906/index.html) steht, hab ich schon deinen Artikel gelesen.
lg weiter so
Clemens

15 03 2010
A-Vitamin

Hehe mir gefällt der übergang vom oscar auf die schiedsrichter.

16 03 2010
david

http://derstandard.at/1267743398013/FIFA-legt-sich-fest-Fussball-bleibt-technikfrei

musste unweigerlich an oben angeführten artikel denken.
(schlimm genug den standard bei sportthemen zu zitieren (ich weiß))

hier nur ein paar schmankerl:
„Wir sind alle der Meinung, dass die Technologie aus dem Spiel herausgehalten werden muss, [..] das Einzigartige sind die Menschen.“ (Jerome Valcke, FIFA Generalsekretär)

„Fehler wird es immer geben [..] aber lasst uns den Fußball so erhalten, wie er ist“
(Jerome Valcke, FIFA Generalsekretär)

„Strittige Entscheidungen sind doch gerade das Schöne an diesem Sport.“
(Jonathan Ford, Fußball Bund Wales (FAW))

„Am Ende haben wir nur noch Start-und-Stop-Situationen“
(Jonathan Ford, Fußball Bund Wales (FAW))

Die folgen dieser aussagen machen es meiner meinung nach möglich spiele zu manipulieren. wenn das besondere die menschen sind, und es offensichtlich immer fehler geben wird und soll, darf man keine derartige kommerzialisierung betreiben.
ich bin des weiteren sogar davon überzeugt, dass eben jene technischen hilfsmittel wie der kamerabeweis oder ein chip im ball den spielfluss fördern; nämlich dann, wenn ein mögliches abseits nicht sofort gepfiffen wird (sondern es erst dann kontrolliert wird, wenn aus dieser situation heraus ein tor fällt) etc.

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