Jedem das Seine!

22 03 2010

Als Red Bull Salzburg in der letzten Qualifikationsrunde zur Champions League gegen Maccabi Haifa unterging, regierte in ganz Fussball – Österreich Enttäuschung. Natürlich konnte damals noch niemand wissen, dass die roten Bullen in der neu geschaffenen Europa League mit einem Sieg nach dem anderen monatelang für Furore sorgen werden. Mittlerweile stehen die Chancen auf eine nationale Titelverteidgung und damit einen weiteren Versuch, in die Königsklasse einzuziehen, sehr gut.

Doch nach der heurigen Europacupsaison muss man sich fragen, ob für Salzburg und den österreichischen Fussball allgemein das Erreichen der Europa League nicht sinnvoller wäre. Von den so wichtigen Ranglistenpunkten hat Salzburg zwar heuer genug gesammelt, um nächste Saison in der letzten CL – Qualifikationsrunde gesetzt zu sein und somit einem Brocken zu entgehen; wenn man aber vergleicht, wie es mit Salzburg und Maccabi Haifa nach dem Kräftemessen weiterging, sieht man, dass das Ausscheiden im Nachhinein ein wahrer Segen für Huub Stevens und seine Truppe war. 18 Punkte aus sechs Spielen, fette UEFA – Prämien, wichtige Punkte und ein kräftiger Schub des internationalen Bekanntheitsgrads. Unter diesem Gesichtspunkt wäre mir nächstes Jahr eine Kopie der heurigen Saison mehr als recht: Salzburg als Meister in der Europa statt der Champions League, die anderen drei Großklubs naschen auch am europäischen Kuchen mit.

Wer jetzt sagt, dass es das Ziel jedes ambitionierten Klubs, wie Salzburg einer ist, sein muss, die Eliteliga zu erreichen: langfristig ja, nachdem man aber als klar schwächere Mannschaft gegen Haifa (welches in der darauffolgenden Gruppenphase weder ein Tor, noch einen Punkt verbuchen konnte)  ausschied, sollte man sich doch noch das eine oder andere Jahr in der Europa League gönnen. Die entwickelt sich nämlich immer mehr zur Mini – CL – würde man heute die europäischen Ligen abpfeifen, wären (unter anderem) diese Mannschaften mögliche Salzburg – Gegner: Dortmund, Bremen, Manchester City, FC Liverpool, Sampdoria, Juventus Turin, FC Sevilla oder PSV Eindhoven. Gar nicht so schlecht…





Louis´ Philosophie

19 03 2010

Langsam aber sicher wird es spannend in den europäischen Bewerben, und bei so manchem Klub beginnt bereits die Planung für die nächste Saison. Am gestrigen Abend erwischte es in der Europa League mit Juventus Turin, Werder Bremen oder Panathinaikos Athen wieder einige Mannschaften, die es eigentlich gewohnt sind, bis weit in den Frühling international vertreten zu sein. Doch was man jetzt von so manchen Vereinsbossen hört, verwundert doch ein wenig.

Roman Abramowitsch will nach dem neuerlichen Aus seines FC Chelsea wieder einmal 110 Mio. € in neue Spieler investieren. Real Madrid und Barcelona wollen die beiden Davids von Valencia holen: Real will Villa, Barca ist an Silva interessiert. In Zeiten, in denen die Wirtschaftskrise immer noch ihre Kreise zieht und, glaubt man der Expertenmeinung, nun auch den Fussball erreicht haben soll, ist es verwunderlich, dass bei den europäischen Top-Klubs  kein Umdenken stattfindet. Zu viele positive Beispiele für gute Jugendarbeit gibt es in den letzten Jahren, als dass man nicht davon übereugt sein sollte. Auch wenn Vereinswechsel von Jugendspielern, die bedenklich nahe an der Grenze zum Menschenhandel stattfinden, natürlich zu verurteilen sind, so haben doch einige Vereine gezeigt, dass das frühe Kaufen und das Verfeinern des Spielers sehr wohl gewinnbringend sind. Beispiele? Barcelona holte den derzeit wohl besten Spieler der Welt, Lionel Messi, als 13-jährigen Knirps, Arsenal investierte im Jahr 2003 3,2 Mio € in den 16-jährigen Fabregas. Sein aktueller Martkwert wird auf 50 Mio. € geschätzt.

Bestes Beispiel ist derzeit aber der FC Bayern unter Louis van Gaal. Innerhalb von neun Monaten integrierte er nicht nur Akteure wie Badstuber oder Müller, er machte aus ihnen überdies internationale Klassespieler. Aus dieser Sicht ist der Aufschwung von David Alaba (17) nicht nur aufgrund Alabas Nationalität höchsterfreulich. Und trotzdem soll es immer noch Trainer in Österreich geben, die meinen, dass junge Spieler nicht „verheizt“ werden dürften, indem man sie zu früh in die Kampfmannschaft integriert. Stattdessen werden die Talente in den Amateurteams „geparkt“ und Legionäre geholt. Sollten diese Übungsleiter einmal genau den Ausführungen des „Generals“ van Gaal lauschen, könnte es sein, dass in Zukunft auch in Österreich der Weg der Ausbildung statt dem der zahlreichen Transfers gegangen wird.

 Klar ist, dass es Spielertransfers genauso lange geben wird,solange es Profifussball auf dieser Welt gibt. Die Frage ist nur, in welchem Ausmaß solche Transfers gesund für die Vereine und den internationalen Wettbewerb sind. Van Gaal wirds egal sein – er bleibt bei seiner Philosophie.





Die Rollenfrage

15 03 2010

„Eigentlich“, sinnierte Quentin Tarantino nach der heurigen Oscarverleihung, „hätte Christoph als bester Hauptdarsteller ausgezeichnet werden müssen.“ Gemeint war Christoph Waltz, der soeben als bester Nebendarsteller geehrt wurde. Doch gleich im darauffolgenden Satz relativierte der Kultregisseur seine Aussage. Es sei eben oft schwer zu sagen, wann eine Figur noch eine Neben- , oder schon eine Hauptrolle ist.

 Seit diesem Wochenende kann Waltz zumindest elf weitere Personen als seine Leidensgenossen betrachten. Es handelt sich dabei um die elf Austria-Spieler, die am Sonntagnachmittag in der 67. Minute am Feld des Hanappi-Stadions standen. Sie waren in diesem Derby ursprünglich für eine der beiden Hauptrollen vorgesehen, und auch wenn sie diese Rolle bis zu diesem Zeitpunkt nur sehr miserabel spielten, rechnete wohl keiner damit, dass sich mit einem Schlag ein anderer Protagonist in den Mittelpunkt stellen würde. Alain Hoxha, früher Nachwuchsspieler des SK Rapid, sah im Strafraum ein Foul von Jacek Bak an Mario Konrad und teilte das seinem Hauptschiedsrichter Grobelnik per Funk mit. Dieser verließ sich auf seinen Assistenten und gab Elfmeter.

Dass das 292. Wiener Derby durch diese Aktion entschieden wurde ist unumstritten. Ich will gar nicht beurteilen, ob dieser Elfmeter zu geben war oder nicht; man sollte den Vorfall aber als Anlass dazu nehmen, über das Schiedsrichtertum im Allgemeinen nachzudenken. Schiedsrichter sollen sicherstellen, dass das Spiel fair und in geordneten Bahnen verläuft. Dass es dabei immer wieder zu strittigen Szenen kommt, liegt in der Natur der Sache. Aber wenn ein Trainer aufgrund seiner Vereinskleidung die Betreuerbank verlassen muss, die Presse sich nach einem Spiel mehr mit der Leistung der Referees als mit jener der Sportler beschäftigt, und die UEFA sechs Unparteiische im Europacup für notwendig hält, stellt man sich die Frage: Wer spielt in diesem Sport die Hauptrolle?





Die Rohdiamanten

11 03 2010

Als David Alaba am Dienstag um 20:47 seinen ersten Ballkontakt in der Champions League hinter sich brachte, blickte ganz Fussball-Österreich gebannt nach Florenz. Ein 17-jähriger Österreicher als jüngster Bayernspieler in der Champions League. Eine Tatsache, auf die man als durchschnittlicher österreichischer Fussballfan sicher stolz sein kann. Was der Sohn eines Nigerianers und einer Philippinin in den darauffolgenden 90 Minuten zeigte, ließ das sonst so geschundene österreichische Fussballerherz wieder einmal begeistert hoch springen. Abgeklärt, ruhig, überlegt – eine souveräne Vorstellung unseres Rohdiamanten. An diesem Punkt lohnt sich allerdings ein Blick zurück: auf die Rohdiamanten der letzten Jahre.

Vor fast genau fünf Jahren, am 8.Februar 2005, verlor das heimische Nationalteam das Vorrundenspiel eines internationalen Turniers gegen Zypern 4:5 im Elfmeterschießen. Nach 90 Minuten wurde ein 1:1 erreicht. Die damaligen Hoffnungsträger: Patrick Pircher (23 Jahre alt), Stefan Kulovits (22) und ein gewisser Andi Ivanschitz (21). „Sie alle brauchen noch Zeit“, meinte der damalige Teamchef Hans Krankl, „aber aus diesen Rohdiamanten können einmal Weltklassespieler werden.“

Tatsächlich verfügt Österreich jetzt, fünf Jahre später, über keinen einzigen Spieler, dem man das Attribut „Weltklasse“ zuordnen kann. Auch der von Krankl prophezeite Sturm, „um den uns halb Europa beneiden wird“, Roman Wallner und Roland Linz, ist nach jahrelanger Odyssee quer über den Kontinent wieder in der (Fussball-)Einöde Österreich gelandet.

Auch wenn die Ergebnisse den damaligen Ansprüchen nicht gerecht wurden, so glaubte man doch den Prognosen der Legende Krankl. Diese Situation wiederholt sich jetzt im Jahr 2010. Spieler wie Alaba oder Arnautovic werden als Hoffnungsträger und Heilsbringer gefeiert. Auch wenn Österreichs erfolgreich spielende Jugendteams und die Erfolge in der Europa League Grund zur Hoffnung geben, bleiben die bitteren Erfahrungen der letzten Jahre.

Die nächsten Jahre werden zeigen, ob unsere Nachwuchskicker die Vorschusslorbeeren besser bestätigen können als ihre Vorgänger.





Feiglinge?

9 03 2010

Dass eine Fussballerkarriere nicht ewig dauert, ist allgemein bekannt. Dass Spieler deswegen jede noch so kleine Chance, zu einem großen Verein zu wechseln, wahrnehmen sollten ist allerdings wild umstritten. Die Gefahren, die ein Wechsel ins Ausland mit sich bringt, sind spätestens seit den Wechseln des einstigen Rapid-Traumsturms, liebevoll „Maierhoffer“ genannt, auch bis zum letzten Kicker durchgedrungen. Neues Umfeld, eine neue Sprache und ein neues Team, in dessen Gruppendynamik man sich erst einfügen muss.

Trotzdem werden Spieler, die nicht den Weg ins Ausland suchen, von Fans gerne als „Feiglinge“ bezeichnet. Sind sie das? Aktuellstes Beispiel hierfür ist ebenfalls ein Rapidler: Steffen Hofmann. Der deutsche Spielmacher entschied sich nach langer Bedenkzeit für einen Verbleib bei den Hütteldorfern und unterschrieb einen Dreijahresvertrag. Und verzichtete somit auf seine (wahrscheinlich) letzte Chance, bei einem europäischen Top-Klub unterzukommen. Hofmann, in den Augen vieler Fans deshalb ein „Feigling, der sein großes Talent in Österreich verschwendet“, verband aber nicht nur das viele Geld und die sportlich reizvolle Herausforderung mit einem Wechsel, sondern bewies mit dieser Entscheidung Weitblick. „Für mich war ganz wichtig, dass die Familie mit meiner Entscheidung einverstanden ist. Einen Alleingang wollte ich nicht“, betont der 29-jährige im „Kurier“. Rapids Nummer 11 als Familienmensch und verantwortungsvoller Vater. Sind das wirklich die Attribute, die mit einem Feigling verbunden werden?