In elf Tagen beginnt sie also wieder. Lange mussten die Fans auf sie warten, nicht weniger lang bereiteten sich die Teams in den Trainingslagern darauf vor. Die Weltmeisterschaft ist ein Ereignis, bei dem die FIFA – Verantwortlichen stets eine Steigerung zur vorherigen Auflage fordern und erwarten.
Nicht nur unter diesem Aspekt stellt die heurige WM in Südafrika eine Ausnahme dar. Sie ist auch die erste, die während des Winters ausgetragen wird. Winter? Ja, richtig gehört, in Südafrika ist aktuell wirklich offiziell Winter. Im Finalort Johannesburg sind auch Schneeschauer in den Monaten zwischen Juni und August nicht unmöglich. Wenn es der Wettergott gut meint mit den Veranstaltern, kann es auch bis zu 23 Grad Celsius geben. Aber wenn nicht, haben die Verantwortlichen ein Problem.
Ein Fussballfest im Schneegestöber? Schwer vorstellbar. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese WM nicht „die beste aller Zeiten“, wie all ihre Vorgänger wird, ist aber auch aus anderen Gründen relativ hoch. Rund 30.000 Morde im Jahr sprechen eine deutliche Sprache. Die FIFA versucht zu beruhigen, es gebe in den letzten Jahren bereits einen Rückgang an Morden und Körperverletzungen. Verschwiegen wird das Ansteigen der Drogendelikte und Vergewaltigungen. Die Bevölkerung weiß ausserdem, dass Touristen und Fussballfans, die sich eine Reise zur WM leisten (können), nicht ganz mittellos sein können und somit perfekte Raubopfer darstellen.
Auch kulturell könnte das Turnier eine pikante Angelegenheit werden, bereits beim Confed-Cup beschwerten sich Spieler, Betreuer und Fernsehsender über den Lärm der Vuvuzelas, ohne die ein Spiel im Gastgeberland aber undenkbar ist.
Warum die FIFA trotz alledem der Meinung war, es wäre Zeit für die erste WM in Afrika, bleibt ein Rätsel. Auch warum die Wahl ausgerechnet auf Südafrika fiel, wurde nicht näher erörtert. Die Stadien waren nicht vorhanden, sondern mussten neu gebaut werden, genauso wie die Infrastruktur. Auch die anderen oben angesprochenen Probleme waren der FIFA von Anfang an bekannt. Auch der Tochterverein, die UEFA bewies mit der Vergabe der EM 2012 an die Ukraine und Polen keine Weitsicht.
Es stellt sich hierbei die Frage, ob FIFA und UEFA wirklich nach geeigneten Gastgeberländern für Großereignisse suchen, oder aber durch die Auswahl der Veranstalternationen als Entwicklungshelfer in Erscheinung treten möchten. Natürlich soll es auch einem Land am afrikanischen Kontinent möglich sein, eine WM auszutragen. Dass ein solches Großereignis über Jahre später noch positive Auswirkungen auf das gesamte Land haben kann, ist bekannt.
Trotzdem könnte die FIFA einen hohen Preis für diesen Kniefall vor Südafrika zahlen: Die weite Anreise und die gesellschaftlichen Probleme schrecken die Fussballfans ab, ihre Mannschaft zum Turnier zu begleiten. Der deutsche Verband jammert, dass die Kartenkontingente immer noch nicht an den Mann gebracht werden konnten. Dass es der FIFA aber schon lange nicht mehr um die Fans der teilnehmenden Länder geht, ist nicht erst seit der Vergabe der WM 2010 bekannt.