Feiern Sie Feste im Winter?

31 05 2010

In elf Tagen beginnt sie also wieder. Lange mussten die Fans auf sie warten, nicht weniger lang bereiteten sich die Teams in den Trainingslagern darauf vor. Die Weltmeisterschaft ist ein Ereignis, bei dem die FIFA – Verantwortlichen stets eine Steigerung zur vorherigen Auflage fordern und erwarten.

Nicht nur unter diesem Aspekt stellt die heurige WM in Südafrika eine Ausnahme dar. Sie ist auch die erste, die während des Winters ausgetragen wird. Winter? Ja, richtig gehört, in Südafrika ist aktuell wirklich offiziell Winter. Im Finalort Johannesburg sind auch Schneeschauer in den Monaten zwischen Juni und August nicht unmöglich. Wenn es der Wettergott gut meint mit den Veranstaltern, kann es auch bis zu 23 Grad Celsius geben. Aber wenn nicht, haben die Verantwortlichen ein Problem.

Ein Fussballfest im Schneegestöber? Schwer vorstellbar. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese WM nicht „die beste aller Zeiten“, wie all ihre Vorgänger wird, ist aber auch aus anderen Gründen relativ hoch. Rund 30.000 Morde im Jahr sprechen eine deutliche Sprache. Die FIFA versucht zu beruhigen, es gebe in den letzten Jahren bereits einen Rückgang an Morden und Körperverletzungen. Verschwiegen wird das Ansteigen der Drogendelikte und Vergewaltigungen. Die Bevölkerung weiß ausserdem, dass Touristen und Fussballfans, die sich eine Reise zur WM leisten (können), nicht ganz mittellos sein können und somit perfekte Raubopfer darstellen.

Auch kulturell könnte das Turnier eine pikante Angelegenheit werden, bereits beim Confed-Cup beschwerten sich Spieler, Betreuer und Fernsehsender über den Lärm der Vuvuzelas, ohne die ein Spiel im Gastgeberland aber undenkbar ist.

Warum die FIFA trotz alledem der Meinung war, es wäre Zeit für die erste WM in Afrika, bleibt ein Rätsel. Auch warum die Wahl ausgerechnet auf Südafrika fiel, wurde nicht näher erörtert. Die Stadien waren nicht vorhanden, sondern mussten neu gebaut werden, genauso wie die Infrastruktur. Auch die anderen oben angesprochenen Probleme waren der FIFA von Anfang an bekannt. Auch der Tochterverein, die UEFA bewies mit der Vergabe der EM 2012 an die Ukraine und Polen keine Weitsicht.

Es stellt sich hierbei die Frage, ob FIFA und UEFA wirklich nach geeigneten Gastgeberländern für Großereignisse suchen, oder aber durch die Auswahl der Veranstalternationen als Entwicklungshelfer in Erscheinung treten möchten. Natürlich soll es auch einem Land am afrikanischen Kontinent  möglich sein, eine WM auszutragen. Dass ein solches Großereignis über Jahre später noch positive Auswirkungen  auf das gesamte Land haben kann, ist bekannt.

Trotzdem könnte die FIFA einen hohen Preis für diesen Kniefall vor Südafrika zahlen: Die weite Anreise und die gesellschaftlichen Probleme schrecken die Fussballfans ab, ihre Mannschaft zum Turnier zu begleiten. Der deutsche Verband jammert, dass die Kartenkontingente immer noch nicht an den Mann gebracht werden konnten. Dass es der FIFA aber schon lange nicht mehr um die Fans der teilnehmenden Länder geht, ist nicht erst seit der Vergabe der WM 2010 bekannt.





Wann beginnt die Zukunft?

28 05 2010

Können Sie sich noch an die Worte von Hans Krankl erinnern, als er sich bei seinem Amtsantritt als Teamchef im Jahr 2002 der Presse stellte? Der einstige Goleador sprach von einem Neuanfang. Man wolle eine Mannschaft für die Zukunft aufbauen und ganz von vorne anfangen. Die EM 2004 komme wohl noch zu früh, aber für die WM 2006 sei man optimistisch.

Wie wir alle wissen, konnten die Endrunden beider Großereignisse nicht erreicht werden. In der Qualifikation für die EM 2004 scheiterte die ÖFB – Auswahl an Tschechien und den Niederlanden, zur WM 2006 fuhr England statt unserem Team.

Nachdem man beim ÖFB das Vorhaben mit Krankl als gescheitert betrachtete, engagierte man Josef Hickersberger, der für die bevorstehende Europameisterschaft, für die man glücklicherweise schon fix qualifiziert war, eine schlagkräftige Truppe zusammenstellen sollte. Auch er sprach von einem Neuanfang und wollte ein „Team für die Zukunft“ aufbauen.

Dem logischen Menschenverstand folgend, müsste man nach der Pionierarbeit von Krankl, Hickersberger & Co. nun eigentlich eine gestandene, eingespielte Truppe für die EM – Qualifikation im heurigen Jahr haben. Wie die Aufstellung in den letzten beiden Länderspielen zeigt, ist dies aber nicht der Fall.

Aus dem Spielerkreis von Josef Hickersbergers EM – Team fanden sich vier (!) Spieler in Constaninis Kader gegen Dänemark wieder, für das Duell mit Kroatien wurden sechs EM – Abenteurer einberufen. Eine traurige Bilanz, die zeigt, was im österreichischen Fussball fehlt: Kontinuität.

Wer die Spanier 2008 in Salzburg und Wien bei der EM spielen sah, schwärmte von ihrem perfekten Kurzpassspiel, der guten Abstimmung und der individuellen Klasse der iberischen Kicker. Kein Wunder, sieht man sich an, wie dieses Team über die Jahre gewachsen ist: Fabregas, Silva und Iniesta feierten ihr Debüt in der Seleccion 2006, David Villa und Sergio Ramos 2005. Der immer schon als Supertalent bezeichnete Torres durfte 2003 erstmals internationale Luft schnuppern. Der Linksverteidiger im Finale, Joan Capdevila spielte erstmals 2002 im Nationalteam, stieg aber erst 2006 zum Stammspieler auf. Dazu war mit Ausnahme von marcos Senna (32) kein Spieler des Finalteams älter als 30 oder jünger als 22 Jahre alt.

Eine Generation, die Jahre brauchte, um sich aufeinander abzustimmen und zur Weltklassemannschaft zu reifen. All die Jahre der Entwicklung gab es heftige Kritik von der Presse, bei Großereignissen schied man meist sang- und klanglos aus, Teamtrainer kamen und gingen.

Doch trotz allem blieb ein Stamm erhalten, der den Europameistertitel der Spanier im Jahr 2008 erst möglich machte. Vielleicht sollte sich der ÖFB und seine Protagonisten die Spanier als Vorbild nehmen und nicht ständig versuchen, eine „Mannschaft für die Zukunft“ aufzubauen, deren Spieler alle paar Monate wechseln. Wann beginnt diese Zukunft, in der wir dann einmal ein schlagkräftiges Team haben? Wir bauen seit über 10 Jahren eine „Mannschaft für die Zukunft auf“, allein herausgekommen ist noch nichts.

Vielmehr sollte man der aktuell jungen und hoffnungsvollen Generation um Alaba, Dragovic & Co. die Chance geben, sich zu entwickeln, und, was noch viel wichtiger ist, über einen längeren Zeitraum an ihnen festhalten. Auch wenn diese Herren im Jahr 2018 keinen großen Titel holen sollten, wäre das der richtige Schritt zum richtigen Zeitpunkt. Damit die Zukunft möglichst bald beginnt.





Step by step?

25 05 2010

Was haben David Alaba und Marko Arnautovic gemeinsam? Sieht man sich die beiden Charaktere an, findet man wohl nicht viele Gemeinsamkeiten. Der eine extrovertiert, verspielt und mit dem unübersehbaren Hang zur Arroganz, der Andere ruhig, bescheiden, fast schon ein bisschen schüchtern.

Eine Gemeinsamkeit mehr haben die beiden Jungspunde aber seit letztem Samstag: sie werden von praktisch jedem österreichischen Kicker beneidet. Warum? Weil sie es geschafft haben, mit ihren Klubs ins Finale der Champions League einzuzuziehen. Auch wenn beide nicht im Kader ihrer Teams standen, ist dies ein Erfolg für die Visitenkarte. Auch wenn Arnautovic keine 90 Serie A – Minuten bei Jose Mourinho spielen durfte, hat der 21-jährige den Vorteil, vom Champions League – Sieger zu kommen. Da klopfen andere Verein an, als wenn man in der österreichischen Bundesliga 39 Tore macht. Arnautovic ließ bereits verlautbaren, dass er nicht zurück zu Twente Enschede will, sondern nach Deutschland oder England. Nach einigen Telefonaten zwischen Arnautovic und Wolfsburg – Coach Steve McClaren, seinem alten Trainer, wird ein Wechsel in die VW – Stadt immer wahrsccheinlicher. Von Inter zu Wolfsburg – ein Rückschritt? Wohl eher nicht, denn in Deutschland zu spielen bringt einen jungen Spieler weiter, als in Italien auf der Tribüne zu sitzen.

Apropos Holland: Dort will Arnautovics Manager Rob Groener Aleksandar Dragovic unterbringen. „Ein sofortiger Wechsel zu einem Top – Klub käme zu früh. Alles step by step“, so der Niederländer. Zustimmung gab es für ihn am Montagabend in „Sport und Talk im Hangar 7“ bei „Servus TV“ von Andi Herzog und Paul Scharner.

Ebendieser erzählte, dass er sich den Sprung in die Premier League als 22-jähriger nicht vorstellen konnte und deswegen den „Umweg“ Norwegen nahm. Durch den Wechsel in den hohen Norden tastete er sich langsam an das hohe Tempo in England heran. Der richtige Zeitpunkt für einen Wechsel ins Ausland wurde in der sehr interessant besetzten Runde (Andi Herzog, Paul Scharner, Uwe Krupp, Konrad Wilczynski, Pierre Littbarksi) über zwei Stunden diskutiert – ein Patentrezept wurde aber auch von den Experten nicht gefunden.

Dass Dragovic aber zuerst bei Alkmaar oder Feyenoord weiter reifen sollte, bevor er einen großen Vertrag unterschreibt, klingt vernünftig. Es liegt aber nicht wirklich an der Liga, in die man wechselt, sondern vielmehr am Verein. Die zwei grundlegenden Dinge, die sich ein Spieler vor einem Wechsel ins Ausland überlegen muss, sind folgende:

1. Gehöre ich in der heimischen Liga zu den Besten und bin in meinem Team eine Führungspersönlichkeit?

2. Habe ich bei meinem neuen Verein realistische Chancen auf genug Einsatzzeit?

Wenn man sich die Wechsel der letzten Jahre ansieht, darf bezweifelt werden, ob sich die betreffenden Spieler diese Dinge überlegt haben. Allerdings findet derzeit ein Umdenken statt, vermutlich auch aufgrund der abschreckenden Beispiele von Jimmy Hoffer oder Stefan Maierhofer.

Deshalb werden die neuen Klubs der Österreicher heuer nicht Inter, Bayern oder Arsenal heißen, sondern viel eher Nürnberg, Sunderland oder Brescia. Was auch nicht falsch ist, denn ein junger Spieler sollte erst bei Nürnberg zum Führungsspieler reifen, bevor er an einen Wechsel zu Bayern oder Schalke denkt. Weil wie muss man laut Scharner eine Karriere planen? „Step by step“…





Die falschen Fragen

21 05 2010

Sprichwörter und Binsenweisheiten werden oft überstrapaziert und höchst inflationär verwendet. Trotzdem sind einige von ihnen wirklich faszinierend: vor Ewigkeiten kreiert, haben einige sogar noch heute Gültigkeit. Mehr noch, einige Volksweisheiten aus früheren Tagen sind heute passender denn je.

Ein Beispiel aus der Bibel zeigt das eindrucksvoll: „Wer völlig frei von Schuld ist, der werfe den ersten Stein.“ Soll heißen: Wenn man selbst alles andere als unfehlbar ist, sollte man anderen ihre Fehler nicht in übertriebenem Maße vorwerfen.

Noch wichtiger ist aber die Gewichtung der Vorwürfe. Hier passieren noch heute wahnwitzige Fehler. Ein „schönes“ Beispiel dafür ist die österreichische Fussball – Berichterstattung in der letzten Woche. Was ist in dieser Woche passiert?

Der ehemals hoffnungsvolle Nachwuchskicker Besian Idrizaj erlag mit 22 Jahren einem Herzinfarkt. Als Reaktion darauf wurde sowohl beim U21 – Spiel zwischen Österreich und Wales, als auch bei der Begegnung zwischen dem heimischen A – Team und Kroatien eine Trauerminute für den Österreicher mit albanischen Wurzeln abgehalten. Die U21 gewann ihr Spiel glücklich mit 1:0, das A – Team verlor nicht minder glücklich 0:1.

Ein schwerer Tormannfehler bei den Jung-Walisern, ein katastrophales Match gegen Kroatien, das gut und gerne 0:5 enden hätte können. Ausgerechnet der Ex-Rapidler Mate Bilic versetzte dem ÖFB – Team in Minute 86 das K.O. Viele Ereignisse, die sich ideal zu einer Schlagzeile verarbeiten ließen. Diese Gelegnheit ließen sich unsere Medien auch durch die Bank nicht entgehen. Warum auch?

Weil wenige Tage zuvor nicht nur ein hoffnungsvolles Talent, sondern auch ein junger Mensch plötzlich aus dem Leben gerissen wurde. Offiziell wurde Herzversagen als Todesursache bei Besian Idrizaj bestätigt. Keine typische Diagnose für einen 22-jährigen. Idrizaj litt unter einem angeborenen Herzfehler. Obwohl er wiederholt auf dem Rasen zusammenbrach, waren sämtliche Klubärzte der Meinung, dass der Spieler „für Profisport weiterhin geeignet“ sei. Lediglich der ehemalige LASK – Arzt Milan Toljan stellte zu Idrizajs LASK – Zeiten eine Rechtsherz-Überlastung fest. Er habe daraus geschlossen, „dass man mit so etwas nicht Profifußball spielen darf“. Warum hielt ihn dann niemand davon ab, weiterhin Profi-Verträge bei Liverpool, Luton Town, Chrystal Palace, Wacker Innsbruck, Swansea und dem FC Eilenburg zu unterzeichnen?

Die Frage drängt sich auf: Wer war schuld am Tod des ehemaligen Liverpool – Spielers?

Ob sich jemals noch jemand den Schuh des Schuldigen anziehen wird, darf vorsichtig bezweifelt werden. „Verdächtige“ gibt es en masse, von jedem einzelnen Klubarzt, über die Familie des Spielers bis hin zu Idrizaj selbst. Dass es aber kein Medium in Österreich der Mühe wert fand, dem Rätsel auf den Grund zu gehen, ist eine traurige Tatsache.

Tiefgehendere Recherchen und kritische Fragen gab es in der vergangenen Woche, lediglich der Adressat war der falsche. 99% aller kritischen Fragen im österreichischen Sportjournalismus der letzten Woche waren an Didi Constantini gerichtet.

Ob die Aufstellung nicht für ein Spiel gegen Kroatien zu offensiv gewesen sei, ob er wirklich immer noch ein klare Linie bei seinen Nominierungen habe, warum immer noch kein Fortschritt im Team zu sehen ist, oder warum er gegen Gegner wie Kasachstan in einem Heimspiel auf Konter spielen will.

Zugegeben, jede einzelne dieser Fragen ist durchaus berechtigt und muss gestellt werden. Aber: alles zu seiner Zeit.





Telefongespräche

18 05 2010

Kennen Sie einen österreichischen Legionär, der am Ende dieser Saison den Meisterteller in die Höhe stemmen durfte? Viele gibt es heuer nicht, denen dieses Glück zuteil wurde.

In Deutschland haben es David Alaba und die Bayern geschafft, den Meistertitel und den deutschen Pokal an die Säbener Straße zu holen. Den Münchern könnte sogar das Triple gelingen, wenn Inter Mailand an diesem Samstag im Finale der Champions League geschlagen wird.

Auch Marko Arnautovic darf sich über das nationale Double freuen, viel dazu beigetragen hat er bei Inter aber nicht. Der einzige ÖFB – Legionär, der einen wirklich erheblichen Anteil an einem Meistertitel hat, steht nicht im Teamkader für das Spiel gegen Kroatien: Niklas Hoheneder (23). Der Oberösterreicher erkämpfte sich in dieser Saison einen Stammplatz bei Sparta Prag, absolvierte 21 Spiele in der tschechischen Gambrinus Liga und durfte sich am letzten Spieltag über den Gewinn der Meisterschaft freuen. Der Teamchef, Didi Constantini, gratulierte den meisterlichen Österreichern per Telefon. Auch die Nominierungen für Länderspiele erledigt der Tiroler über Telefongespräche oder SMS. Keinen Anruf vom österreichischen Teamtrainer bekam Turgay Bahadir. Noch nie.

Der Mittelfeldspieler degradierte mit Bursaspor die großen Klubs aus Istanbul und holte sich ebenfalls am letzten Spieltag den Titel in der Türkei. Damit hat Österreich im nächsten Jahr mit Sicherheit wieder einen Spieler in der Champions League!

Wenn da nicht Guus Hiddink wäre. Im Gegensatz zu Didi Constantini hat Hiddink Bahadir nämlich zur Nationalmannschaft eingeladen. Für Österreich nicht gut genug, aber im türkischen Team?

Als David Alaba am 14. Oktober 2009 im Spiel gegen Frankreich als 17-jähriger sein Teamdebüt feierte, erklärte Constantini, dass dies auch deswegen geschehen ist, damit Alaba für kein anderes Land mehr spielberechtigt ist. Doch warum ging der Tiroler bei Bahadir nicht genauso vor?

Den 26-jährigen brachten seine 30 Einsätze in der „SüperLig“, in denen er sieben Tore erzielte, nicht einmal auf die Abrufliste des österreichischen Nationalteams. Der Teamchef muss sich die Frage gefallen lassen, warum dauerhafte Bankangestellte wie Yasin Pehlivan oder Christopher Trimmel dabei sind, ein Stammspieler des türkischen Meisters aber nicht.

In Zukunft wird sich die Frage nach Bahadirs Einberufung nicht mehr stellen, der Spieler selbst sagte bereits in Interviews, dass er sich endgültig für die Türkei entschieden habe. Warum? „Es hat nicht einmal einen Anruf vom ÖFB gegeben, niemand hat mich gefragt, wie es mir geht. Das hätte mir schon gereicht, dann hätte ich mich für Österreich entschieden.“

Es scheiterte also an einem einzigen Anruf. Wirklich schade, dass es der Teamchef nicht der Mühe wert fand, ihn zu tätigen.





Das Geheimnis des Erfolgs

14 05 2010

Was für ein Finale in der heimischen Liga! Letzte Runde, noch drei Klubs mit Titelchance, Hochspannung pur. Leider war die besagte Hochspannung nicht von übermäßig langer Dauer, da es die Mannschaft von Red Bull Salzburg vorzog, die (meisterschafts-)entscheidenden Tore bereits sehr früh in der Partie gegen Sturm Graz zu schießen. Auch Christian Gratzei hält scheinbar nichts von nervenaufreibenden Thrillern, der Grazer Schlussmann trug beim 0:2 von Roman Wallner maßgeblich dazu bei, dass aus dem Blockbuster namens „Letzte Runde“ doch nur ein spannungsarmer Durchschnittsstreifen wurde.

Sei es wies sei, Red Bull Salzburg steht am Ende als Meister 2009/2010 fest. Und das zurecht. Wer 22 Spiele in Folge nicht und in 36 Partien insgesamt nur vier Mal verliert, hat es verdient, den Teller am Ende der Saison gen Himmel zu stemmen. Auch für den österreichischen Fussball ist der Ausgang der diesjährigen Meisterschaft ein Glücksfall.

Die Salzburger sind nämlich jene Mannschaft mit den größten Chancen, im nächsten Jahr in die Champions League einzuziehen. Das Einziehen der Stevens – Truppe in die Millionenliga würde ja nicht nur Red Bull, sondern auch den anderen österreichischen Klubs helfen, da der Koeffizient Österreichs dadurch steigen würde. Nicht nur das hohe Budget und der erstklassige Kader, sondern auch das gute Ranking in der UEFA – Rangliste sprechen für eine Salzburger Teilnahme an der Königsklasse.

Aber ein weiterer Grund wird die Basis jedes Erfolgs in der nächsten Saison sein: Kontinuität. Bei der Pressekonferenz einen Tag nach dem Showdown in der Bundesliga meinte Dietmar Beiersdorfer auf die Frage, ob die Transferzeit im Sommer 2010 ähnlich „fad“ gestaltet wird, wie dies im Winter der Fall war: „Uns verlassen mit Opdam und Zickler zwei Spieler, auch auf der Torhüterposition wird sich etwas tun. Möglicherweise haben wir noch den einen oder anderen Abgang im Sommer zu vermelden. Wir werden uns punktuell verstärken.“

Punktuell. Neben „Kontinuität“ ist dieser Ausdruck das zweite Zauberwort im Salzburger Erfolgsplan. Mit Stevens und Beiersdorfer hat man in Salzburg zwei Männer am Ruder, für die Äußerungen wie jene auf der Pressekonferenz nicht bloß Lippenbekenntnisse sind. In Wals-Siezenheim scheint man aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt zu haben, eine endlose Liste von neuen Spielern wird es diesen Sommer nicht mehr geben. Und das ist gut so. Denn was ist das Geheimnis des Erfolgs? Kontinuität, Kontinuität und – nochmals Kontinuität.





Der kleine, aber feine Unterschied

11 05 2010

Dass Fussball eine Sportart ist, die mit vielen Emotionen verbunden ist, weiß jedes Kind. Dass sich solche Emotionen auch während und vielmehr kurz nach dem Spiel leicht entladen können, ist auch jedem klar, der schon einmal gegen das runde Leder getreten hat. Was wäre auch der Fussball ohne seine Emotionen? Zlatko Junuzovic sprach nach seinem entscheidenden Freistoßtor gegen Salzburg in das Mikrofon jedes Journalisten, der es hören wollte, die selben Worte: „Nach meinem Tor, das waren unglaubliche Emotionen. Das ist geil, das ist Fussball!“

Selbst wenn man die Violetten nicht zu seinen Lieblingsklubs zählt, die ehrliche und intensive Freude des jungen Austrianers war trotzdem für jeden Fussballliebhaber herzerfrischend. Ganz anders sah es natürlich bei den Salzburgern aus. Nachdem Afolabis Kopfballtor vom Schiedsrichterassistenten wegen angeblichen Abseits von Somen Tchoyi nicht gegeben wurde, brachen bei den Mozartstädtern alle Dämme. Trainer Huub Stevens, Alexander Zickler, Milan Dudic und Simon Cziommer hielten sich gegenseitig zurück, um den Schiedsrichter nicht tätlich anzugreifen. Marc Janko saß indessen wie ein Häufchen Elend ungläubig auf der Ersatzbank. Wieder einmal war der 26-jährige Stürmer nach schwacher Leistung frühzeitig von Stevens unter die Dusche geschickt worden.

Was Stevens Schiedsrichter Drabek und seinen Assistenten nach dem Spiel an den Kopf warf, war mit Sicherheit nicht druckreif. Ähnliche Worte fand auch Peter Pacult, fast zeitgleich,  bei der Pressekonferenz nach dem Heimsieg der Hütteldorfer gegen Sturm Graz. Der Unterschied: Stevens beschwerte sich in deftiger Wortwahl in einem persönlichen Gespräch mit dem Schiedsrichter – Pacult posaunte seine letztklassigen Statements in Kameras und Mikrofone.
Nicht der einzige Unterschied. Stevens fühlte sich um die Meisterschaft betrogen und musste soeben zum ersten Mal in seiner Ära bei Red Bull zwei Niederlagen in Folge hinnehmen. Wenn man bedenkt, wie strittig die Szene des vermeintlichen Salzburger Ausgleichs war, wächst das Verständnis für die heftige Reaktion des Niederländers.

Anders als bei Peter Pacult. Sein Team gewann vor eigenem Publikum mit 4:1 und hielt die allerletzten Titelchancen noch intakt. Die Pressekonferenz war nicht nur für Pacult, sondern für den ganzen Verein Rapid und die gesamte Bundesliga ein Armutszeugnis. Der Floridsdorfer beschwerte sich wieder einmal, Journalisten hätten ihn falsch zitiert und würden „dauernd irgendwas erfinden“. Eigenartig, dass sich jemand, der den Trainerjob jahrelang im medialen Haifischbecken in Deutschland überstanden hat, in Österreich plötzlich so eine dünne Haut zulegt.

Dass sich ein Trainer in Österreichs höchster Spielklasse überhaupt auf solcherlei Diskussionen einlässt, ist schon sehr bedenklich. Ein Interviewboykott wäre ein Zeichen gewesen, dass Pacult mit der Berichterstattung nicht zufrieden und sich von Journalisten schlecht behandelt fühlt. Eine Aktion, wie sie der 50-jährige am Sonntag nach dem Spiel in den Katakomben ablieferte, ist hingegen peinlich.

Ein kleiner, aber feiner Unterschied.





Richtige Entscheidung, falsche Begründung

5 05 2010

Kevin Kuranyi polarisiert. Die einen lieben ihn, die anderen hassen ihn. Kritiker jammern über seine lauffaule Spielweise, Fürsprecher loben seine beachtliche Torausbeute. Wie man auch immer zu Kevin Kuranyi stehen mag, der Schalker Stürmer hat in diesem Jahr 18 Tore in der Bundesliga erzielt. Im Vergleich dazu: Miroslav Klose kommt auf drei Saisontore, Mario Gomez netzte immerhin zehn Mal. Für den deutschen WM – Kader in Frage kommen außerdem Cacau (12 Treffer) und Shootingstar Thomas Müller (13 Tore). Lukas Podolski durfte sich in 27 Spielen über zwei Tore freuen. Der erfolgreichste deutsche Torjäger ist übrigens Stefan Kießling mit 21 Toren.

Geht man also rein von den Zahlen aus, müsste der deutsche WM – Sturm wie folgt lauten: Kießling, Kuranyi, Cacau, Müller. Über Mario Gomez müsste man in diesem Fall noch nachdenken, Klose und Podolski hätten aber keine Chance.

Diese Woche nominiert Joachim Löw seinen erweiterten WM – Kader. Die oben genannten werden ausnahmslos dabei sein – bis auf Kevin Kuranyi. Die Vorgeschichte des leidenschaftlichen Kotelettenträgers ist allerdings auch eine ganz andere, als die seiner Konkurrenten. Klose und Podolski haben den Vorteil guter Leistungen bei den letzten großen Turnieren, für Kießling sprechen seine 21 Tore, für Cacau die derzeitige Topform. Thomas Müller ist mit seinen 20 Jahren Stammspieler beim deutschen Meister, der nebenbei noch im Champions League – und im deutschen Cupfinale steht.

Kuranyi hingegen hängt immer noch der Vorfall vom 11. Oktober 2008 nach. Ursprünglich war es ein ganz gewöhnliches WM – Qualifikationsspiel, die Deutschen empfingen Russland. Kuranyi durfte von Beginn an spielen, zeigte aber eine biedere Leistung und wurde zur Pause ausgetauscht. Beim damals 26-jährigen dürfte sich dann der ganze Frust der letzten Jahre entladen haben. Nachdem er für die WM 2006 im eigenen Land gar nicht erst nominiert worden war, betrug seine Einsatzzeit bei der EM 2008 ganze 41 Minuten. Die Auswechslung im Spiel gegen Russland brachte das Fass zum Überlaufen, Kuranyi verließ das Stadion noch in der Halbzeitpause, ohne ein Wort zu sagen.

Was folgte, waren das Versprechen Löws Kuranyi nie wieder einzuberufen, und der daraus resultierende Rücktritt Kuranyis aus dem Nationalteam.

Jetzt, knapp zwei Jahre später, wurde Löw durch die Krise von Klose, Podolski & Co. und die 18 Saisontore von Kevin Kuranyi wieder zum Nachdenken über den Schalker Angreifer gezwungen.

Er nimmt ihn trotz allem nicht mit. Warum nicht? Der unrühmliche Abgang im Oktober 2008 hätte damit nichts zu tun, aber Kuranyi passe nicht in sein taktisches Konzept. Wirklich nicht? Kuranyi, der einen beträchtlichten Teil seiner Tore mit dem Kopf erzielt, dafür aber ein Defizit in den Bereichen Schnelligkeit und Technik aufweist, ist vom Spielertyp seinem Konkurrenten Mario Gomez ziemlich ähnlich. Der Edelreservist der Bayern passt aber anscheinend ins Konzept von Löw.

Außerdem, wenn Kuranyi nicht ins Konzept passt, warum hat Löw das nicht schon viel früher gesagt? Er hätte sich und allen anderen Beteiligten damit eine lange Zeit der Ungewissheit und des Trubels erspart. Dass Löw sich erst jetzt, einen Monat vor Beginn der WM über sein Konzept im Klaren ist, wird wohl niemand behaupten. Es ensteht unweigerlich die Vermutung, dass Löw den Vorfall aus der WM – Qualifikation immer noch nicht vergessen hat. Wie würde er denn auch vor seinem Team da stehen, wenn er urplötzlich einen von ihm selbst ausgesprochenen Grundsatz („Unter mir bestreitet Kuranyi kein Spiel mehr“) über den Haufen wirft? Mit einer solchen Aktion würde er eine Menge Glaubwürdigkeit bei seinen Spielern verlieren.

Da kommt die Ausrede des taktischen Konzepts, in das Kuranyi angeblich nicht passen soll, gerade recht.





Ein Königreich für eine Leihe

2 05 2010

Die diesjährige Meisterschaft könnte sich schon in dieser Woche entscheiden. Sollte Salzburg in Kapfenberg gewinnen und Rapid das Auswärtsderby bei der Austria nicht für sich entscheiden können, ist die Titelverteidigung der roten Bullen Gewissheit. Auch abseits des Titelkampfs gibt es in Österreichs höchster Spielklasse nicht mehr viel Potential für Spannung. Austria Kärnten plant bereits für die ADEG Liga, Rapid und Austria haben ihre Fahrscheine nach Europa schon in der Tasche. Einziger Spannungslichtblick könnte das Cupfinale zwischen Sturm Graz und Magna Wr. Neustadt am 16. Mai sein, wenn Kienast, Kurtisi & Co. frei nach dem neuen Cup – Motto „Tore für Europa“ die Qualifikation für einen internationalen Startplatz erreichen wollen.

Soviel zu dieser Saison. Die nächste Spielzeit wird aber schon in diesem Sommer mitentschieden. Ab 1. Juli haben die Klubs wieder die Möglichkeit, Spieler zu holen oder abzugeben. Die heißesten Aktien am österreichischen Markt sind derzeit Rubin Okotie und Roman Wallner. Heuer lohnt sich aber auch ein Blick über die Landesgrenzen. Andreas Weimann (18) ist das Objekt der Begierde bei Rapid. Im Gespräch ist eine Leihe von Aston Villa, Alfred Hörtnagl bastelt schon seit Wochen an dem Coup, der bisher aber noch nicht finalisiert werden konnte.

Dass sich eine Leihe, die vorerst wie zwei Schritte zurück aussieht, manchmal als absoluter Glücksfall entpuppen kann, konnte man kürzlich am Beispiel eines anderen Österreichers sehen. Martin Harnik sollte vor dieser Saison bei Werder Bremen umgeschult werden. Es mangelte an Aussenverteidigern, und im Sturm konnte sich Harnik gegen die mächtige Konkurrenz ohnehin nicht durchsetzen. Schon in den ersten Spielen sah man aber, dass sich Offensivgeister eben nicht so einfach „umpolen“ lassen, wie man sich das in Bremen vorgestellt hatte. Es folgte der Leihvertrag mit Fortuna Düsseldorf, das gerade erst in die 2. Liga aufgestiegen war.

Von einem Champions League – Aspiranten zum Zweitliga – Aufsteiger? Nicht gerade das, was man einen Fortschritt nennen konnte. Und doch erwies sich dieser Schritt im Nachhinein als goldrichtige Entscheidung. 12 Tore und 5 Assists später wird Harnik als absolutes Schnäppchen (300.000 €) von mehreren Bundesligisten (u.a. Stuttgart, Hoffenheim, Mönchengladbach) umworben.

Ein Paradebeispiel dafür, dass zwei Schritte zurück manchmal doch noch einen vorwärts bedeuten können. Bleibt zu hoffen, dass die anderen Österreicher,  bei denen derzeit ein Leihgeschäft im Raum steht (Hoffer, Weimann), den selben Weg beschreiten können. Weimann könnte sich in der österreichischen Bundesliga für höhere Aufgaben bei Aston Villa empfehlen, Hoffer bei einem anderen klub Spielpraxis sammeln und dann erneut sein Glück bei Napoli versuchen. Funktioniert das Konzept, wie bei Martin Harnik, kann eine solche Aktion die gesamte Karriere retten. Ganz nach dem Motto: „Ein Königreich für eine Leihe“!