Himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt

10 10 2010

Wer nach dem 3:0 – Sieg gegen die Herren aus Aserbaidschan nicht in die Lobeshymnen auf die siegreiche Mannschaft um Arnautovic, Fuchs & Co. mit eingestimmt hatte, wurde in den letzten Tagen regelrecht als Miesmacher und Spielverderber abgestempelt. Die österreichische Fußballseele saugt die Medizin, die sich Hoffnung nennt, bei jedem Sieg auf wie ein Schwamm. Auch wenn der Gegner im europäischen Vergleich noch so unbedeutend zu sein scheint, wenn drei Punkte eingefahren werden, sind Herr und Frau Österreicher zufrieden.

Warum sollte man sich auch nicht freuen? Mit 6 Punkten aus den beiden ersten Auftaktpartien gegen Kasachstan und Aserbaidschan holte unser Nationalteam das Punktemaximum und blieb sogar ohne Gegentor – ein Kunststück, das Didis Buben vorher 23 Spiele nicht gelungen war.

Ein etwas kritischerer Blick auf den Start in die EM – Qualifikation würde dennoch nicht schaden. Nicht, weil man die bisher gezeigten Leistungen schlecht reden will. Ganz im Gegenteil – um das Team zu schützen.

Denn sollten die Helden von Wien am Dienstag Abend plötzlich zu den Deppen der Nation mutieren, haben sie den Spott aufgrund der Niederlage genauso wenig verdient wie die Lobeshymnen, die derzeit (noch) auf die junge Truppe angestimmt werden. Österreich ist ein Land der Extreme – gewinnen wir zwei Spiele gegen Fußballzwerge, werden wir Weltmeister. Verlieren wir die eine oder andere Partie, kann man den ÖFB nach Meinung der Medien und Fans zusperren.

So sehr wir alle uns auch wünschen, dass die ÖFB – Mannschaft endlich aus dem verhassten Mittelmaß entkommen möge, ein wenig mehr Mittelmaß in den Meinungen und Beurteilungen des Nationalteams wäre mindestens genauso wertvoll. Wie sonst soll ein Marko Arnautovic, bei schlechten Leistungen immer wieder mit Fragen nach privaten Skandälchen und fehlender Einstellung konfrontiert, lernen, mit Erfolgen umzugehen, wenn die drei größten Tageszeitungen ihn noch drei Tage nach seinen beiden Toren gegen Aserbaidschan seitenlang feiern?

Nichts gegen Lob für verdienstvolle Spieler, aber es wurde am letzten Freitag der Gegner aus Topf fünf im eigenen Stadion 3:0 geschlagen. Das ist natürlich erfreulich, aber es ist sicher kein Grund, einzelne Spieler in den Himmel zu heben. Sollte auch gegen Belgien gepunktet werden, wird die Tabelle zwar immer noch sehr freundlich für unser Team aussehen, die schwierigsten Aufgaben warten aber erst im nächsten Jahr.

Hoffen wir, dass die Fans und Medien in Österreich auch 2011 öfter himmelhochjauchzend als zu Tode betrübt zu sehen sein werden.


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